Wolfgang Coy
»Hinweise für Seminararbeiten«
Seminare dienen der diskursiven Erarbeitung aktueller wissenschaftlicher
Themen. Sie sollen auch die mündliche und schriftliche Kommunikationsfähigkeit
schulen. Als Leistung im Seminar wird mindestens ein Vortrag und eine schriftliche
Ausarbeitung erwartet. Mit den folgenden Hinweisen sollen diese Prüfungsleistungen
kurz beschrieben werden.
Die Literatur- und Materialsuche ist ein wesentlicher Teil Ihrer Ausarbeitung.
Machen Sie sich mit der relevanten Literatur vertraut, bewerten Sie das
Material. Überlegen Sie sich, was Sie in Ihrer Ausarbeitung verwenden
wollen und was Sie lieber als Hintergrundwissen betrachten wollen. Versuchen
Sie zu einer angemessenen Einordnung zu gelangen.
Der wichtigste Hinweis ist:
Vermeiden
Sie den Fehler, der die Informatik negativ
charakterisiert: Zeitdruck und damit mangelnde
Vorbereitung!
Sie sollten Ihren Vortrag
spätesten eine Woche vor dem Vortrag vorbereitet haben.
Fragen Sie Ihre Betreuer, wenn Sie unsicher sind.
Der mündliche Vortrag
Im mündlichen Vortrag soll einem Publikum nachvollziehbar
eine Fragestellung in Form eines gesprochenen Monologs nahegebracht werden,
der bestenfalls von Verständnisfragen unterbrochen wird. Anders als
beim schriftlichen Text muß der Zuhörer alles sofort verstehen
und den Gang des Vortrags ohne Rückgriff (und ohne Vorgriff) verfolgen
können.
Inhalt und Struktur entsprechen der schriftlichen Ausarbeitung. Überlegen
Sie sich gut einen roten Faden für Ihre Darstellung.Im mündlichen
Vortrag können Sie freilich Demonstrationselemente einbauen, auf die
der Text verzichten muß.
Der mündliche Vortrag kann frei, unterstützt von schriftlichen
Anmerkungen, Overhead-Folien oder Rechnerdemonstration erfolgen oder durch
Vorlesen eines Manuskripts. Da schriftliche Texte komplexer sind als mündliche
Ausführungen, ist auf deutlichen und langsamen Vortrag zu achten.
Eventuell sind die Sätze der schriftlichen Ausführung für
den Vortrag zu kürzen und einzelne Passagen durch Erläuterungen
zu ergänzen.
Eröffnen Sie Ihren Vortrag mit einer kleinen Geschichte, einer
persönlichen Bemerkung oder einer Einordnung Ihres Vortrages in die
Seminarreihe. Erläutern Sie kurz, was Sie in Vortrag darstellen möchten.
Stellen Sie auf das Publikum ein, das Sie ja in der Seminarsituation
gut kennen. Um Ihre Zuhörer zum Zuhören zu bringen, muß
der Vortrag Spannungen aufbauen. Langatmige oder langweilige Darbietung
würgt selbst das gutwilligste Interesse an spannenden Inhalten. Wenn
Sie schon keinen engagierten und begeisterten Eindruck hinterlassen, werden
sich die Zuhörer auch nicht engagieren.
Sprechen Sie deutlich, langsam und laut, aber nicht zu laut. Schauen
Sie Ihr Publikum gelegentlich an, reagieren Sie auf seine Reaktion. Monologe
sind langweilig, Dialoge mit einer einzelnen Person unhöflich.
Antworten Sie auf Verständnisfragen direkt. Diskussionwünsche
können Sie an das Ende des Vortrages verweisen. Antworten Sie nicht
zu schnell, nicht auftrumpfend und nicht abweisend, schließlich wollen
Sie die Zuhörer überzeugen und nicht überfahren.
Falls Sie Folien verwenden, achten Sie auf die Klarheit und Lesbarkeit
der Präsentation. Handschrift ist bei Folien ebenso akzeptabel wie
Druckschrift. Die Druckschriftgröße soll nie unter 18 Pkt sinken
- sonst ist der Text nicht mehr überall lesbar. Benutzen Sie typografische
Auszeichnungen (Großschreibung, sperren, kursiv, fett) sparsam. Vermeiden
Sie Unterstreichungen. Setzen Sie Farbe, evt als Markierung, ein.
Schreiben Sie wenig Text auf jede Folie. Einige Zeilen genügen.
Der Rest folgt durch mündliche Erläuterung. Versuchen Sie Grafiken
oder Skizzen statt reiner Texte auf Folien zu nutzen.
Messen Sie die Zeit bei der Vorbereitung, indem Sie sich selbst ihren
Vortragstext vorsagen. Für den Vortrag rechnen Sie 20% der Zeit hinzu,
um Zeit für Rückfragen und unvorhergesehene Verzögerungen
zu gewinnen. Sprechen Sie nicht länger als eine Stunde - länger
hört sowieso niemand zu. Der Rest der Zeit dient der Diskussion.
Schließen Sie Ihren Vortrag mit einer Zusammenfassung der wichtigsten
Punkte und den offen gebliebenen Fragen. Fordern Sie Ihre Zuhörer
zum Fragen und zu Bemerkungen auf.
Die schriftliche Ausarbeitung
Schriftliche Arbeiten sind nicht das
Ergebnis glücklicher Zufälle. Es gibt Regeln oder besser Richtlinien,
die Sie beachten sollten. Die wichtigste Regel heißt, daß es
keine endgültigen Regeln gibt. Experimentieren Sie - Sie können
immer noch neue und bessere Formen finden!
Gelegentlich werden Sie Arbeiten finden, die Ihnen
besonders gut gefallen, weil sie interessant sind und/oder weil sie ansprechend
geschrieben und gestaltet sind. Übertragen Sie diese Vorbilder auf
Ihre eigene Arbeit!
Inhalt
Machen Sie sich klar, für welches Publikum
Sie schreiben. Sie sind dabei eingeschlossen. Wenn Sie etwas nicht verstehen,
werden es Ihre Leserinnen und Leser auch nicht verstehen.
Beschreiben Sie zu Beginn, was Sie im Aufsatz
darstellen möchten: Die Aufgabe, die Fragestellung, das Problem, die
Ausgangslage. Skizzieren Sie den verfolgten Lösungsweg. Ordnen Sie
die Fragestellung und den Lösungsweg ein - in Alternativen, in den
wissenschaftlichen und den historischen Kontext.
Deuten Sie Alternativen an, so daß Ihre
Leser und Leserinnen sich selber sachkundig machen können. Geben Sie
hinreichend viel Literatur oder andere Verweise. Stellen Sie heraus, welche
Literatur allgemeinen Charakter hat, welche für Ihr Thema unverzichtbar
war und welche der weiteren Behandlung dienen soll.
Wählen Sie im Zweifelsfall die einfachere
sprachliche Darstellung. Fachbegriffe sind unvermeidbar; sie sollten sie
konsistent einsetzen und bei der ersten Verwendung erklären oder im
strengeren formalen Kontext definieren. Verwenden Sie fremdsprachliche
Fachbegriffe nur, wenn es keine gute oder einheitliche Übersetzung
ins Deutsche gibt. Achten Sie auf ein einheitliches Vokabular.
Klarheit, Einfachheit und Kürze sind die
wichtigsten Tugenden beim Schreiben wissenschaftlicher und technischer
Arbeiten. Aber: Die Darstellung darf auch nicht zu kurz oder zu einfach
sein. halten Sie sich an Einsteins Maxime: "Keep it as simple as possible,
but not simpler!"
Struktur
Gliedern Sie Ihre Arbeit übersichtlich: Ausgangslage,
Bearbeitung, Ausblick.
Versuchen Sie Thesen zu formulieren. Diese können,
müssen aber nicht besonders hervorgehoben werden.
Erläutern Sie Ihre Vorgehensweise, wenn sie
sich nicht von selbst erklärt.
Geben Sie alle verwendeten Quellen an, Literatur,
URLs, Fernsehsendungen, auch wesentliche mündliche Erläuterungen
anderer zum Thema.
Form
Wählen Sie eine lesbare Seiteneinteilung.
DIN A4 mit rundum etwa 3cm Rand, 10-12 Punkt Type und anderthalbfachem
Zeilenabstand ist eine gute erste Annäherung. Numerieren Sie die Seiten.
Auf dem getrennten Titelblatt muß Ihr Name,
Studiengang und Matrikelnummer, Titel der Arbeit und Name der Lehrveranstaltung,
sowie das Datum der Abgabe stehen.
Schreiben Sie vorzugsweise im linksbündigen
Flattersatz, dann ersparen Sie sich viele Probleme mit Trennungen und automatischen
Trennprogrammen. Blocksatz ist nur bei Buchdruckschriften (Proportionalschriften)
und erstklassiger Trennung akzeptabel. Vermeiden Sie Unterstreichungen,
die als eine Hilfsmaßnahme der Schreibmaschinenschrift statt
halbfetter Schrift eingeführt wurden.
Wenn Sie mehr von Typografie verstehen, nutzen
Sie Ihre Kenntnisse.
Zeichnungen, Grafiken und Fotos können Sie
in das Dokument elektronisch einbinden oder einfach in freie Fläche
oder auf eine eigene Seite kleben. Grafiken und Skizzen können mit
der Hand oder mit dem Rechner erstellt sein. Beschriften Sie alle Bilder
mit einer laufenden Nummer, einer Bildunterschrift und, soweit nötig
an Achsen, Kurven, Flächen u.ä.
Rechtschreibung ist eine Form höflicher Kommunikation.
Sie können die bisherige Form der deutschen Rechtsschreibung verwenden
oder die reformierte Schreibweise. Aber nicht beide gleichzeitig.
Zitieren Sie präzise. Im deutschen Sprachraum
ist die Zitierweise der preußischen Akademie üblich, die auch
von der Deutschen Bibliothek verwendet wird. Am einfachsten lernen Sie
sie, wenn sie sich die Zitate in der Zeitschrift "Informatik-Spektrum"
anschauen.
Zitieren Sie Lexika und Handbücher nur, wenn
Sie ihnen entweder Wissen entnehmen, das deutlich über eine erwartete
Allgemeinbildung hinaus gehen oder wenn diese Zitate selber Gegenstand
der Arbeit sind (z.B. weil das Lexikon falsche oder einseitige Auskunft
gibt). Geben Sie Literaturzitate in der Originalsprache und in der Übersetzung
an, wenn Sie sie selber übersetzen.
Lassen Sie sich nicht entmutigen!
Das Genie verfährt nicht
nach anerkannten Prinzipien,
sondern nach Einfällen
und Gefühlen. (J.W.Goethe)
Adresse:
Prof.
Dr. Wolfgang Coy
Humboldt-Universität zu Berlin
Institut für Informatik
Unter den Linden 6
D-10099 Berlin
Tel +49 30 20181 303
Fax +49 30 20181 304
coy@informatik.hu-berlin.de
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